Beim Kloster Kirchberg
A Szenario
Ein Schulleiter ist seit einem Jahr im Amt, sein Führungsverhalten unterscheidet sich deutlich von dem seines Vorgängers. Die Schule, in die er als Schulleiter eintrat, ist deutlich anders, als die Schule, aus der er kam. Auch dort hatte er bereits Führungsverantwortung. Vieles lief gut im ersten Jahr an der neuen Schule, manches auch nicht.
Wir Berater haben bei der Arbeit an den aktuellen Themen diese Übergangschwierigkeiten wahrgenommen und daher dem Schulleitungsteam einen „Transition-Workshop“ vorgeschlagen, einen Übergangsworkshop.
B Vorbereitungsphase
Auftragsklärung:
Der Schulleiter bat uns, eine Beschreibung für so einen Workshop vorzulegen. Das taten wir.
Wenn es an einer Schule darum geht, dass ein/e oder mehrere AL gewechselt haben, wäre der Text entsprechend anzupassen. Datei im Moodle, Link.s.u.
Der Sl nannte uns anschließend per Mail eine Liste von ersten Erwartungen und möglichen Themen, aus denen wir das Programm zusammenstellten, die Langfassung s.u. Link Moodle
Die Kurzfassung des Programms ging an die Schulleitung
Wir FBS rechneten damit, dass es nicht einfach sein würde, anstehende Spannungen so anzusprechen, dass sie für den Zeitraum der Klausur handhabhar sein würden. Es war klar, dass diese Klausur nicht der Ort und die Zeit sein kann, tiefsitzende persönliche Differenzen zwischen einzelnen Personen zu bearbeiten. Dafür wäre ggf. ein anderes Setting erforderlich, z.B. unter Hinzuziehung von Schulpsychologen/innen.
Strittig war auch die Teilnahme einer Lehrperson, die v.a. die Stundenplanung der Schule verwaltete, ihre Bewerbung auf eine AL-Stelle war nicht erfolgreich. Dennoch hat sie die Aufgabe, die sie schon viele Jahre vorher übernommen hatte, behalten. Ihre Mitgliedschaft im Schulleitungsteam war „informell“, gleichsam durch Gewohnheitsrecht begründet. Sie nahm an der Klausur teil und zog sich anschließend von ihren Aufgaben zurück, als klar wurde, dass die Sl selbst diese Aufgaben übernehmen will. Ein schmerzhafter Vorgang, wie wir vermuten.
Wir vermuteten vorher schon, dass die Teilnahme des o.g. Kollegen zu Irritationen führen könnte.
Wir setzten auf Erfolg bei der Klärung wichtiger Sachthemen als das angemessene Mittel zur Teamentwicklung. Tiefgehende Reflexionen und belastende Feedbacks im Team wollten wir vermeiden. Die Arbeit an den Sachthemen sollte im Vordergrund stehen, hierbei soll die notwendige Kooperation sichtbar werden. Und es sollte einen offenen Raum für Feedback geben. Wir haben daher die “Minispaziergänge” (Dialogrunden) vorgeschlagen. Dabei hofften wir auch auf die unterstützende Wirkung des Ortes, ein schön gelegenes sehr großzügiges Klostergebäude in einer Umgebung mit weitem Blick ins Tal.
Strittig war auch die Frage, ob wir uns auf den Wunsch des SLTs einlassen, dass ein Tandempartner auch am zweiten Tag allein mitwirken soll (der zweite Tandempartner war verhindert). Hier stand Kundenwunsch gegen Tandemprinzip. Wir folgen dem Kundenwunsch.
D geplante zentrale Arbeitsschritte und Merkmale des Workshops
1. eine nicht zu knappe Aufwärmphase, über die Verwendung der Bildkartei waren wir uns zunächst nicht einig (Argumente pro: gute Erfahrungen, öffnet die Fantasie, erweitert die Sprache in den Bildraum hinein, führt zu überraschenden Äußerungen, Argumente contra: Menschen, die sich überwiegen in einer Sach- und Fachsprache bewegen kommen bei solchen „Bildaufgaben“ leicht unter Stress bis hin zu Scham, gelegentlich auch verstärkt durch ähnlich peinliche empfundene Vorerfahrungen mit solchen „Sozialpädagogen-Methoden“. Ausgerechnet der Abteilungsleiter, um den herum sich die wahrgenommen Probleme offensichtlich verdichtet haben, könnte sich hier extrem unwohl fühlen. Das wäre dann ein Fehlstart oder so. Dennoch. Versuchen!
Die ZRM-Bildkartei kostet z.Z. ca. 120,00 € (z.B. Amazon). Ich bin im Besitz einer digitalen Version, deren Herkunft ich vergessen habe.
2. Eine straff getaktete Dialogrunde
3. Arbeit an den Sachthemen mit Unterstützung durch Visualisierungsmittel (s.u.)
E Programm:
Programm Langfassung: siehe Moodle Link unten
F Aufstellung im Tandem:
Wir haben vereinbart, Doppelungen zu vermeiden. Z.B.: Wenn ein Tandempartner eine Arbeitsphase einleitet, beobachtet der andere die Reaktionen. Wenn ein Tandempartner einen Impuls setzt, fragt der andere die TN, was ihnen zu diesem Impuls einfällt etc.
G Durchführung:
Schulname getilgt
1. Tag
2. Tag, hier war nur ein FBS dabei. Die Details habe ich hier nicht dargestellt. Es ging, auf der Basis des ersten Tages, v.a. um Details in der Geschäftsverteilung und um ein besonderes und umstrittenes Projekt “Kooperation mit einem ausländischen Partner”.
Impulse am 1. Tag wie geplant
Zeittakt: Wir haben mit dem SLT kontraktet, dass wir sehr streng auf die Einhaltung der TO mit den Zeitvorgaben achten werden. Das haben wir auch konsequent “durchgezogen”, manchmal sehr zum Unwillen der TN, die lieber „mehr Zeit“ gehabt hätten, für alle Themen, aber auch kein Thema unbearbeitet lassen wollten. Ein Dilemma, aus dem Moderatoren/innen mit einer strengen Zeittaktung heraushelfen können. Es geht eben im Leben nicht immer alles in beliebiger Ausführlichkeit.
Die “Dialogrunde” als Beispiel für strenge Zeitttaktung. Das hat gut geklappt.
Wir haben uns auch im weiteren Verlauf streng an die vereinbarten Zeitvorgaben gehalten. Wir hatten dabei dieses Motto im Blick: “Ich habe beschlossen, mit den Ergebnissen meiner Bemühungen zufrieden zu sein.”.
Visualisierung:
Beispiel Al-Aufgaben mit großen Postest, 12,7 cm x 7,6 cm angeheftet auf einer Pinnwand (pro Person ca. 1/2 Pinnwand). Diese großen Postest sind leichter handhabbar als Moderationskarten. Es gibt auch Moderationskarten (ca. 20 cm x 9 cm) in Klebeversion.
Zur Darstellung der notwendigen Kommunikationsaufgaben im Prozess Deputatsplanung haben wir eine Zeitleiste mithilfe des Teamplakats 3 (in der Großversion DinA3) angefertigt. Abgebildet wurden die Kalenderwochen 2 bis 30 (Januar bis Juli). Der darstellte Zeitraum benötigt eine Breite von 2 Pinnwänden.
In das DinA3-Format des Teamplakats 3 passen Standard-Postits in der Größe 3,8 x 5 cm.
Kommunikationsaufgaben im Prozess “Deputatsplanung”. Die Darstellung macht sichtbar, in welcher Weise und wann die MG des SLTs kooperieren müssen.
In einem ähnlichen Workshop haben Änne und ich eine Großversion eines Zeitplans erprobt: 1,05 m x 4,30m auf LKW-Plane. Hier kann man mit größeren Postists arbeiten (7,9 x 7,8 cm). Die Druckvorlage dazu findet ihr im Moodle (link s.u.). Dort findet ihr eine Druckvorlage in .pdf und eine in .svg. “Mein” Copyshop-Betreiber bevorzugt .svg für den Ausdruck auf Plane.
Hier ging es nicht um einen einzelnen Prozess (Deputatsplanung), sondern um eine allgemeine Sammlung der Aufgaben und deren zeitliche Platzierung in einem Schuljahr. Dies erfolgte hier in einem Arbeitsgang und ging sehr rasch, weil die TN darauf vorbereitet waren. Jeder hatte seine Aufgaben in einem individuellen Zeitplan dabei. Bei der Reflexion haben der SL und die SLL das Verfahren und das Ergebnis sehr gelobt, die AL sagten “Wozu?" - Unsere Hypothese: Die AL dieser Schule hatten wenig Interesse daran, ihre individuellen Aufgaben im Kontext der Gesamtschule (gemeinsamer Zeitplan) sichtbar und vergleichbar (!) zu machen.
H Reflexion:
I Lessons learned:
Bei solchen Klausuren die Zahle der Themen begrenzen, Qualität vor Quantität. Die große Chance, dass eine ruhigere Arbeitsstimmung herrscht als im Alltag, bewusste nutzen. Wenn man als Moderatoren nicht aufpasst, rutscht man mit den TN in den Alltagsmodus hinein: die Themen werden durchgehetzt.
Vielleich ist es gut, beide Erfahrungen auf so einer Klausur zu machen: erfahren, wie die Zusammenarbeit anders geht, wenn Ruhe da ist. Und erfahren, dass man auch sehr zügig und effizient Themen abarbeiten kann, und wie das geht.
K Was wir über die Wirkung des Übergangsworkshops “wissen”:
Im Laufe des folgenden Jahres kam anläßlich von Beratungen an der Schule gelegentlich die Rede auf diesen Workshop. Ein Mitglied des Schulleitungsteam äußerte einmal, es sei eigentlich nach dem Workshop schlimmer geworden als vorher. Andere sahen das nicht so.
18 Monate später hat dieses Schulleitungsteam ein Feedback der Lehrerinnen und Lehrer an die einzelnen Mitglieder des Schulleitungsteams gewagt. Dort bestätigte sich teilweise eine sehr unterschiedliche Akzeptanz der Mitglieder des SL-Teams im Kollegium. Eine weitere Verstärkung der Spannungen?
24 Monate später hören wir: es sei in der Zusammenarbeit unter den Mitglieder des SLTs Vieles viel besser geworden. Ob das noch mit dem Workshop zusammenhängt? Oder mit dem Feedback und seiner Verarbeitung? Oder mit beidem nicht? Schwer festzustellen.
Ein Übergangsworkshop kann persönlichen Wandel (Einstellungen) wenn überhaupt bewirken dann nur anstoßen. In welche Richtung ein individueller persönlicher Wandel und damit die Kommunikation im Team sich verändern, ist durch den Workshop nicht beeinflussbar. Was so ein Workshop leisten kann: einen Wandel der Strukturen für die Kommunikation herbeiführen. Persönlicher Wandel ist nicht steuerbar. Strukturwandel erfolgt nur durch Steuerung.
Link zu Materialien (Moodle Wissen mit Vinc):
https://moodle2.rpt.tue.schule-bw.de/moodle/mod/folder/view.php?id=7115
L Comburg-Tagungen “Teambildung im Rahmen der Schulentwicklung” ausgeschrieben als Teil des Pflichtprogramms für neu ernannte Schulleiter/innen an Beruflichen Schulen und großen Gymnasien.
Ich hatte das Privileg, ca. 16 Jahre lang ca. 3-4 Lehrgänge pro Jahr dieser Art auf der Comburg zu leiten (im Tandem mit Traudel und danach mit Änne). Eine sehr lernhaltige Erfahrung. Meist sind die SL, die gemeinsam mit ihren SL-Teams an diesem Lehrgang teilnehmen, genau in der “Transition”-Situation. Den Transition-Aspekt bearbeiten wir dort aber nur am Rande, implizit. Material dazu im Moodle Kap 6, Arbeit im Team.
Interessanterweise haben in all diesen Jahren nur wenige Berufliche Schulen aus dem RP Tübingen teilgenommen, vermutlich wollten diese auch mal jemanden anderes hören oder so - “Propheten im eigen Land …”. Dieselben Lehrgänge mit identischer Ausschreibung und Zielgruppe leiten außer uns Cordula Schwers und Daniela Heisig, beide selbstständige Beraterinnen.
Ich habe keine Ahnung, ob künftig die Doppelbesetzung FBS-Tandem und Externe in der Leitung dieser Tagungen bleiben wird - wer hätte Interesse daran? Ein wunderbarer Job!
M Impulse für das teaminterne Wissensmanagement (Handlungsempfehlung):
Probiert mal (wieder) in einem Beratungssetting eine rechtshemisphärische Einsteigsphase (z.B. mit einer Fotokartei) - personenorientiert, beziehungsorientiert.
Probiert mal (wieder) in einem Beratungssetting eine betont straffe Zeittaktung.
Probiert mal bei Schulen, in denen die Mitglieder des SLTs noch keine gemeinsame Kalender-Datei nutzen, den Zeitplan und Großform (LKW-Plane) als anlogen Einsteig.
Probiert mal die Großform des Zeitplans (ein Schuljahr auf LKW-Plane 4,30 m) für die FBS-Planung und für eine nachträgliche Datensammlung (Wer hat was im vergangenen Jahr gemacht?) als Grundlage für das Aufspüren z.B. von künftigen Synergiechancen.
N Link zu Materialien zum Thema “Übergangsworkshop” im Moodle Kap. 10, dort “Wissen mit Vinc”, :
https://moodle2.rpt.tue.schule-bw.de/moodle/mod/folder/view.php?id=7115